Fußball und Corona: Entscheidung über Saison nach Ostern
Die Fußball-Landesligisten und -Bezirksligisten würden die Saison gern zu Ende spielen. Doch kaum jemand glaubt wegen der Coronazahlen noch dran.
Die Coronazahlen steigen seit gut drei Wochen wieder, die Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme der Fußballsaison in der Oberliga abwärts schwindet. Und dies trotz zuletzt hoffnungsvoller Öffnungsszenarien seitens der Bundes- und Landesregierung. Diese grobe Klammer diktierte die jüngsten Videokonferenzen des Fußballverbandes Niederrhein (FVN) mit den Teams aus den Landes- und Bezirksligen. Der Spielbetrieb ist seit Ende Oktober bekanntlich wegen der Corona-Pandemie eingestellt.
Ergebnisse waren bei der Meinungsumfrage freilich nicht zu erwarten. Immerhin gibt es zwei Schlüsseltermine: Am kommenden Montag steht die nächste Corona-Runde in Berlin mit den Ministerpräsidenten ins Haus, dazu wäre der 5. April ein Datum, an dem nach jüngstem Beschluss ein Mannschaftstraining mit Kontakten unter freiem Himmel ohne Schnelltests möglich wäre. Wenn die Inzidenzzahl dann nicht über 100 liegt – oder Bund und Länder wegen der aktuellen Entwicklung den Beschluss längst kassiert haben.
Punktspiele wohl ohne Zuschauereinnahmen
So steht für die Ligen eine Annullierung im Raum, sollte das Teamtraining spätestens kurz nach Ostern nicht aufnehmbar sein. „So oder so hätte wir das Problem einer sehr knappen Vorbereitung. Ich sehe derzeit ein Training nicht vor Mai“, sagt Ralf Gemmer, der Trainer des Landesligisten SV Scherpenberg.
Konkurrent Fichte Lintforttrainiert zwar schon in Kleingruppen. „Wir würden auch gern wieder spielen. Aber ohne wichtige Voraussetzungen wie Kabinennutzung oder Zuschauereinnahmen wird es nicht gehen“, sagt Abteilungsleiter Norbert Lewing, „vielleicht wird es im Juni möglich sein, die Niederrhein- oder Kreispokalspiele auszutragen. Da wäre das Programm übersichtlich und machbar, wenn die Coronazahlen es zulassen.“
Fußball-Obmann Marcus Bister vom VfL Tönisberg meint dazu: „Die gemeinsame Position von unserem Trainer Andreas Weinand, Josef Cherfi und mir ist: die Saison annullieren. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Zahlen sich so entwickeln, dass wir Anfang April trainieren. Außerdem sind die ja von Kreis zu Kreis unterschiedlich.“
SV Sonsbeck will die Saison ab August weiterführen
Trainer Heinrich Losing vom Landesliga-Tabellenführer SV Sonsbeck wirft dies in die Debatte: „Für mich ist die entscheidende Frage: Wie machen wir nächste Saison weiter? Ich finde es unmöglich, dass die Statuten keine Möglichkeit lassen, die Saison ab August fortzusetzen. Wir müssen mit Corona leben, das wird auch nächste Saison so sein. Die Spieler werden ungefähr die letzten sein, die geimpft werden. Ich will die Saison nicht abbrechen, sondern einfach irgendwann weiter spielen. Wir fangen im Sommer zum dritten Mal eine Saison an und brechen womöglich zum dritten Mal eine Saison ab.“
Auch in der Bezirksliga, die acht Gruppen umfasst, wurde redlich über die Thematik diskutiert. Wie bedeutend die Entscheidung ist, die ja alle Bezirksligisten betrifft, dokumentierte sich daran, dass nahezu alle der über 150 Vereine an der Konferenz teilnahmen.
TuS Xanten und Viktoria Goch wollen weiterspielen
Staffelübergreifend kristallisierte sich eine Mehrheit heraus, die für eine Annullierung der Saison votieren würde. Alle Vereinsvertreter sprachen sich für eine schnelle Entscheidung aus, um eine sportliche Planungssicherheit zu haben.
Besonders klar war die Tendenz in der Gruppe 5, in der der Großteil der Vereine aus dem Fußballkreis Moers spielen. Von den 15 Vereinen sprachen sich lediglich zwei für eine Fortsetzung der Saison aus. Neben Aufsteiger TuS Xanten war das vor allem Tabellenführer und Aufstiegsfavorit Viktoria Goch. Deren Trainer Daniel Beine argumentierte in einer leidenschaftlichen Wortmeldung gegen eine Annullierung der Saison. Seine Mannschaft wäre freilich der große Verlierer.
VfL Repelen mit viel Skepsis
Alle Vereine aus dem Moerser Stadtgebiet, der VfL Repelen, der GSV Moers und der SV Schwafheim, sahen das anders. „Es gibt eine ganze Menge Gründe dafür“, findet zum Beispiel Repelens Teamchef Sascha Weyen und erklärt: „Wenn es dann weiter geht und klar ist, dass per Quotientenregelung gewertet wird, ist durch beispielsweise Spielausfälle dem Zufall Tür und Tor geöffnet.“ Außerdem befürchtet Weyen „Probleme mit Arbeitgebern“ mancher Spieler, die aufgrund des Infektionsrisikos gegen deren Teilnahme an Trainings- und Spielbetrieb sein könnten.
Zudem sieht der Repelener Teamchef wie viele andere den zeitlichen Faktor: „Nachdem fünf Monate lang nicht gespielt wurde, wäre ja mindestens vier Wochen Vorbereitungszeit die Grundvoraussetzung, vernünftig wären sogar sechs Wochen.“ Entsprechend plädierte Weyen für Repelen für einen Abbruch und berichtet: „Ich habe es auch so wahrgenommen, dass eine klare Mehrheit für den sofortigen Abbruch war.“
Tim Wilke vom SV Budberg sieht es kritisch
Ein Verein, der sich eher gegen einen Abbruch positionierte, war der ESV Hohenbudberg, der in der Gruppe 8 spielt. Deren Trainer Juan Antonio Schrader nahm zwar nicht selbst an der Videokonferenz teil, dort wurde der ESV durch den Vereinsvorstand vertreten, sagte aber anschließend: „Wir finden, wenn wir die Saison irgendwie zu Ende spielen könnten, wäre das schön. Ein Abbruch wäre das größtmögliche Übel und sollte nur passieren, wenn es gar nicht anders geht.“
Eine weitere Perspektive brachte Trainer Tim Wilke vom SV Budberg, Tabellenletzter der Gruppe 5, zum Ausdruck: „Ich bin nicht für den Abbruch, damit wir in der Liga bleiben. Ich finde einfach, dass durch die Pandemie für viele Menschen, auch für mich, privat so viel passiert ist. Deshalb hat für mich persönlich die Frage, ob Fußball noch gespielt und die Saison sportlich gewertet wird, gerade nicht so eine hohe Wertigkeit.“ Da steht Wilke nicht allein.